Aktuelle Entwicklungen auf dem globalen Düngemittelmarkt: Kapazitätsrückgang in Kasachstan, Handelsboom in Vietnam, Exportpolitik in China…
- Fernando Chen
- 3. Juni
- 4 Min. Lesezeit
🇰🇿 Kasachstan: Düngemittelproduktion sinkt weiter – niedrigste Ausbringungsrate in Zentralasien und der Eurasischen Wirtschaftsunion
Im Jahr 2024 ging die Produktion mineralischer und chemischer Düngemittel in Kasachstan im Jahresvergleich um 9,3 % auf 367.500 Tonnen zurück. Die Stickstoffdüngerproduktion lag bei 345.500 Tonnen (–11,4 %), während die Phosphatdüngerproduktion um 47,1 % auf 22.000 Tonnen anstieg. Die Importabhängigkeit von Stickstoffdüngern erreichte 57,8 % – mit einem jährlichen Importvolumen von 4,723 Mio. Tonnen (+7,3 %). Phosphatdünger war zu 98,8 % inländisch gedeckt.
Die Exporte stiegen deutlich an: Stickstoffdünger verdoppelte sich auf 214.400 Tonnen, Phosphatdünger stieg um 6,7 % auf 5.300 Tonnen.
Im Inland verlief die Nachfrage differenziert: Der Stickstoffdüngerabsatz sank 2024 zum zweiten Mal in Folge auf 60.300 Tonnen (–16,6 %), während Phosphatdünger um 66,1 % auf 17.100 Tonnen zunahm – jedoch noch immer weit unter dem Jahresdurchschnitt 2017–2022 von 133.600–196.400 Tonnen.
Laut FAO liegt Kasachstan bei der Düngemittelausbringung pro Hektar auf dem letzten Platz in Zentralasien und der EAWU. 2022 lag der Einsatz bei nur 2,4 kg N und 1,33 kg P/ha – deutlich unter Usbekistan (187,24 kg N, 12,1 kg P) und Russland (17,63 kg N, 5,91 kg P). Der Abwärtstrend setzte sich Anfang 2025 fort: Jan–Feb mit 71.600 t Stickstoffdünger (–3,4 %) und 3.100 t Phosphatdünger (–67 %).
🇯🇴 Jordanien: Düngemittelexporte im Q1 2025 um 20,9 % gestiegen – Kalium steigt, Phosphat sinkt
Im ersten Quartal 2025 entwickelten sich Düngemittel zum Haupttreiber des jordanischen Exportwachstums. Die Exporte erreichten 243 Mio. JOD (+20,9 % ggü. Q1 2024 mit 201 Mio. JOD). Kaliumexporte stiegen um 2,6 % auf 120 Mio. JOD (Q1 2024: 117 Mio.), während Phosphatexporte um 8,2 % auf 112 Mio. JOD zurückgingen (Q1 2024: 122 Mio.). Düngemittel bleiben das exportstärkste Produkt des Landes.
🇨🇳 China: Phosphatexportpolitik angepasst – Quoten reduziert, CIQ-Verfahren beschleunigt
China hat die Exportpolitik für Phosphatdünger im Jahr 2025 wie folgt angepasst:
Phasenweises Exportmodell
• Phase 1: Ausfuhranmeldung bis spätestens 15. Oktober erforderlich; Hauptversandfenster: Mai–September
• Phase 2: Planung abhängig von der Umsetzung der ersten Phase
Optimierung der CIQ-Inspektionen
• Seit Mitte Mai beträgt die Prüfzeit nur noch etwa 15 Tage – deutlich schneller als zuvor
Reduktion der Gesamtausfuhrquoten
• Die Exportquote für Phosphatdünger wurde gegenüber 2024 verringert (ohne genaue Zahlen)
🇨🇳 Ammoniumchlorid: Angebotsüberhang verschärft sich bei sinkender Nachfrage und politischer Regulierung
Seit 2024 wurden in China mehr als 3 Mio. Tonnen neue Kapazitäten für alkali-gebundene Produktion geschaffen, was zu einer Ausweitung der Ammoniumchloridproduktion führte. Von Januar bis April 2025 stieg die Sodaproduktion um 6,9 % gegenüber dem Vorjahr – angetrieben durch Verbundbetriebe.
Nachfrageseitig bestehen zwei Rückgänge:
Nachlassende Nachfrage nach Mischdüngern
• Höherer Stickstoffgehalt und verstärkter Harnstoffeinsatz verdrängen Ammoniumchlorid.
Scheitern des landwirtschaftlichen Vertriebskanals
• Trotz 25 % N-Gehalt (mehr als Ammoniumbicarbonat: 17 %, Ammoniumsulfat: 20 %) und günstiger Preisstruktur (¼ von Harnstoff) verhindert die schädliche Wirkung von Chloridionen auf Böden eine breite Anwendung.
Politischer Einfluss:
• Exportvolumen stieg auf 760.000 Tonnen (Jan–Apr 2025; +260.000 t ggü. Vorjahr)
• Export von Mischdüngern ausgesetzt; CIQ-Inspektionen dauern jetzt über 15 Tage → Exportfenster verengt sich
Marktlage:
• Inland: Angebotsüberhang verschärft sich durch Exportrückgang und verlängerte Inspektionszeiten
🇻🇳 Vietnam wird zum Exporteur – Japans Importe steigen um 324 %
Aufgrund globaler Lieferkettenverlagerungen und neuer Handelspolitik hat sich Vietnam vom Düngemittelverbraucher zum Exporteur entwickelt. 2024 wurden knapp 1,7 Mio. Tonnen exportiert (+12 %), im Wert von 719 Mio. USD (+9 %). Die Jahresproduktion liegt bei 8–10 Mio. Tonnen, darunter:
• NPK: 4 Mio. t/Jahr
• Harnstoff: 3 Mio. t/Jahr
• Phosphat: 2,5 Mio. t/Jahr
Ammoniumnitrat wird zu 100 % importiert, Kaliumchlorid zur Herstellung von Kalidüngern ebenfalls.
Hauptmärkte:
Kambodscha (34 %), Südkorea (13 %), Philippinen (6 %)
Jan–Nov 2024: Japan importierte vietnamesischen Dünger im Wert von 12,3 Mio. USD (+324 % ggü. Vorjahr) – vor allem infolge chinesischer Exportbeschränkungen und Japans Diversifizierungsstrategie.
Politische Förderung & Technologische Entwicklung:
• Exportzölle auf DAP & Mischdünger gesenkt (z. B. auf 0 %)
• Förderung von Langzeitdüngern zur Erfüllung internationaler Nachhaltigkeitsstandards
Unternehmensinitiativen:
• PetroVietnam Ca Mau: Entwicklung umweltfreundlicher High-Tech-Dünger für Australien/Neuseeland
• PetroVietnam Fertilizer and Chemicals Corp.: 20.000 t Harnstoff jährlich an japanische Partner
Vietnams Düngemittelindustrie befindet sich im Expansionsmodus – angetrieben durch Nachfrage aus Asien und wachsendes Interesse an nachhaltiger Landwirtschaft.
Urea-, Phosphat- und Kalimarkt im Umbruch: Lieferengpässe, Exporthürden und Vertragsverzögerungen
Harnstoffmarkt: Angebotsverschiebungen und chinesische Ausfuhrhürden
• Indien schrieb 1,5 Mio. Tonnen Harnstoff aus (Frist: 12. Juni).
• China wohl ausgeschlossen: 60-tägiger CIQ-Prozess, erste Lieferungen frühestens im Juli.
• Aktuelle FOB-Preise:
– Prilliert: 360 USD/t
– Granulat: 370 USD/t
• Russland weicht nach Brasilien und Argentinien aus; Algerien und Nigeria liefern in die EU.
• Marktpreise:
– SABIC (Saudi-Arabien): 385 USD/t FOB
– Ägypten: 405 USD/t FOB (geringe Nachfrage)
– Iran: 335–338 USD/t FOB (nach Brasilien)
– USA/NOLA: 420 USD/short ton (~413 USD/t CFR)
Phosphate: Globale Verknappung durch chinesischen Exportrückgang
• China exportierte Jan–Apr nur 155.000 t DAP/MAP (–82 % ggü. Vorjahr), tiefster Stand seit 23 Jahren.
• Exportquote Mai–Sept: 3–3,5 Mio. Tonnen (ca. 50 % des Vorjahres)
• CIQ-Zertifikate gültig bis 15. Oktober
• FOB-Preise:
– Aktuell: 700–720 USD/t
– Ziel der Hersteller: 730–750 USD/t
• Kein Handelsabschluss in Brasilien/Indien gemeldet – Preisdruck steigt
Kali: China–Indien-Verträge verzögern sich, Markt wartet ab
• Verhandlungen zu 349 USD/t CFR
• Preisdifferenz von 5–10 USD/t bremst Abschluss
• Indische Hafenbestände auf 170.000 t gesunken
• China zeigt nach Frühjahrsbedarf keine Eile, 1,1 Mio. t KCl im April freigegeben
• Maissaat-Düngemittelbedarf startet im Juli
• Preise:
– Südostasien (Standard-MOP): ~345 USD/t CFR
– Brasilien: 360–370 USD/t CFR (noch keine Abschlüsse)
Ammoniak: Mosaic-Deal verschärft Preisdruck
• Mosaic kaufte 25.000 t Ammoniak zu 370 USD/t CFR – 45 USD/t unter Mai-Preis
• Langstreckentransporte aus dem Nahen Osten drücken Spotpreise weiter
• Marktstimmung bleibt bärisch
Fazit: Globale Neuordnung – Lieferengpässe, politische Risiken und regionale Dynamiken
Die weltweiten Düngemittelmärkte im Jahr 2025 zeigen eine zunehmende Fragmentierung mit tiefgreifenden Auswirkungen durch Exportkontrollen, geopolitische Spannungen und strukturelle Nachfrageverschiebungen.
Während China durch Ausfuhrbeschränkungen Engpässe bei Phosphaten verschärft, positionieren sich aufstrebende Exporteure wie Vietnam mit gezielten Reformen und Marktdiversifikation.
In Kalimärkten verzögern sich Großverträge – insbesondere mit Indien –, was zu einer abwartenden Stimmung in Asien, Brasilien und Europa führt. Parallel bauen sich Überkapazitäten in Ammoniumchlorid und Ammoniak auf, während Nachfrageimpulse fehlen.
Wer in diesem volatilen Umfeld erfolgreich sein will, muss flexibel agieren, regulatorische Hürden meistern und regionale Strategien präzise abstimmen.

Comments