🧪 Die Wertschöpfungskette der Phosphatchemie
- Camille W.
- 16. Juli
- 5 Min. Lesezeit
1. Branchenüberblick
Die Phosphatchemie ist ein zentraler Sektor innerhalb der chemischen Industrie. Sie umfasst die Herstellung von Phosphorsäure, phosphathaltigen Düngemitteln, Pestiziden und Phosphatsalzen. Diese Produkte finden breite Anwendung in der Landwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung, der Reinigungsmittelindustrie sowie in der Elektronik.
Gegenwärtig befindet sich die Branche in einem tiefgreifenden Wandel: Sie erweitert ihren traditionellen Schwerpunkt auf Düngemittel hin zu neuen Energiematerialien. Dieser Strukturwandel wird angetrieben durch das weltweite Wachstum der Erneuerbare-Energien-Branche und den zunehmenden Marktanteil von Elektrofahrzeugen, was zu einer stark steigenden Nachfrage nach Lithium-Eisenphosphat und anderen batterierelevanten Materialien geführt hat. Dies treibt das Wachstum der Phosphatchemie entscheidend voran.
Die Phosphatchemie bildet einen bedeutenden Teilbereich der chemischen Industrie. Als Rohstoff dient Phosphatgestein, das durch verschiedene chemische Verfahren zu einer Vielzahl phosphorbasierter Produkte verarbeitet wird. Diese Produkte erfüllen zentrale Funktionen für die Volkswirtschaft und die nationale Sicherheit. Sie finden breite Verwendung in der Landwirtschaft, der industriellen Fertigung, der Pharmaindustrie, in Beschichtungen und Flammschutzmitteln.
Phosphatchemische Produkte lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien einteilen:
Landwirtschaftliche Nutzung: Dazu zählen hauptsächlich Düngemittel wie Monoammoniumphosphat (MAP), Diammoniumphosphat (DAP), Dicalciumphosphat sowie phosphorhaltige Pestizide wie Glyphosat.
Industrielle, Lebensmittel- und Pharmaanwendungen: Hierzu gehören Phosphorsäure und verschiedene Phosphatsalze wie Natriumtripolyphosphat, Dicalciumphosphat und Natriumhexametaphosphat.
2. Hauptprodukte der Phosphatchemie
Produkt | Anwendungen | Herstellungsverfahren |
Phosphorsäure | Industriequalität: Herstellung von Phosphatsalzen, Metallbehandlung, Trocknungsmittel; Lebensmittelqualität: Säuerungsmittel, Hefenährstoffe; Elektronikqualität: Reinigung und Ätzen von Wafern; Niedrigere Reinheit: Reinigung von LCD-Komponenten | Reaktion von Phosphatgestein mit Schwefelsäure |
MAP & DAP | Hochlösliche, schnell wirkende Phosphatdünger für Reis, Weizen, Mais, Baumwolle, Obst und Gemüse | Reaktion von Phosphorsäure mit Ammoniak |
Triple Superphosphat (TSP) | Hochkonzentrierter, wasserlöslicher Phosphatdünger; auch zur Herstellung von Mischdüngern | Reaktion von Phosphatgestein mit Phosphorsäure |
Natriumtripolyphosphat | Waschmittel, Wasserenthärter, Ledergerbung, Färbehilfsmittel, Katalysatoren, Dispergiermittel in der Pharmaindustrie, Lebensmittelzusatzstoffe | Herstellung aus Natriumcarbonat und Phosphorsäure; allgemein bekannt als „STPP“ |
Natriumhexametaphosphat | Lebensmittelqualität: Feuchthaltemittel, Konservierungsmittel; Industriequalität: Wasserenthärter, Dispergiermittel, Korrosionsinhibitoren, Klebstoffe, Kesselreiniger | Herstellung aus Natriumcarbonat und Phosphorsäure; auch als „SHMP“ bezeichnet |
Dicalciumphosphat | Erhältlich in Futtermittel-, Lebensmittel-, Zahnpasta- und Pharmaqualität; Einsatz in Medizin, Zahnheilkunde, Kunststoffstabilisatoren, Lebensmittelzusätzen und Düngemitteln | Herstellung aus Phosphorsäure und Kalkmilch |
Organische Phosphate | Umfasst Phosphitester, Phosphorsäureester, Phosphonsäureester, chlorierte und thiohaltige Phosphate; verwendet in Pestiziden, Wasseraufbereitung, Tensiden und Textilhilfsmitteln | Herstellung durch Reaktion von Phosphorzwischenprodukten mit Alkoholen oder Phenolen |
3. Struktur der gesamten Wertschöpfungskette in der Phosphatchemie
Der Vorlauf (Upstream) umfasst Rohstoffe wie Schwefelsäure, Salpetersäure, Salzsäure, Phosphatgestein und Siliziumdioxid, Energiequellen wie Koks und Strom, sowie Anlagen wie Sandstrahler, Entfettungsmaschinen und Beizsysteme.
Der Mittelteil (Midstream) konzentriert sich auf die Herstellung zentraler Zwischenprodukte wie gelber Phosphor (P₄) und Phosphorsäure (H₃PO₄).
Der Nachlauf (Downstream) deckt ein breites Anwendungsspektrum ab, unter anderem:
Landwirtschaft: Düngemittel, Futtermittelzusätze, Pestizide
Industrie: Lithiumbatterien, Flammschutzmittel, Waschmittel, Wasseraufbereitung, Baustoffe, Kunststoffe
Pharma und Lebensmittel: Additive, Wirkstoffe, Säureregulatoren

Zwei Hauptproduktionsrouten:
Nassverfahren (Wet-Process):
Direkte Herstellung von Phosphorsäure durch Umsetzung von Phosphatgestein mit Schwefelsäure. Die resultierende Säure wird zu verschiedenen Produkten weiterverarbeitet.
Thermisches Verfahren (Thermal-Process):
Das Phosphatgestein wird zunächst zu gelbem Phosphor reduziert, anschließend oxidiert und hydriert zu Phosphorsäure. Gelber Phosphor dient zudem als Ausgangsstoff für Phosphortrichlorid, das ein Schlüsselzwischenprodukt in der Glyphosatherstellung ist.
Für die Düngemittelproduktion dominiert das Nassverfahren, während das thermische Verfahren häufiger in der industriellen Phosphatsalzproduktion eingesetzt wird.
4. Herstellungsverfahren für Phosphorsäure
4.1 Thermisches Verfahren
Phosphatgestein wird mit Koks und Siliziumdioxid bei hohen Temperaturen geschmolzen, um gelben Phosphor zu gewinnen.
Dieser wird anschließend oxidiert und hydriert, um Phosphorsäure zu erzeugen.
Je nach Prozessführung unterscheidet man zwischen Ein-Stufen- und Zwei-Stufen-Verfahren, je nachdem, ob Oxidation und Hydrierung im selben Reaktor stattfinden.
Charakteristisch sind hohe Produktionskosten, geringe Anbieterkonzentration und strenge Umweltvorgaben.
4.2 Nassverfahren
Phosphorsäure wird durch Zersetzung von Phosphatgestein mit Schwefelsäure hergestellt.
Je nach Kristallform des entstehenden Calciumsulfats (Gips) unterteilt man in:
Dihydrat-Verfahren (CaSO₄·2H₂O)
Hemihydrat-Verfahren (CaSO₄·½H₂O)
Anhydrid-Verfahren (CaSO₄)
Hybridverfahren (z. B. Hemihydrat–Dihydrat)
Aktuell dominiert das Dihydrat-Verfahren mit einem Anteil von rund 85 %.
Hemihydrat- und Hybridverfahren, die eine Phosphorsäurekonzentration über 40 % P₂O₅ ermöglichen, machen rund 15 % der Kapazitäten aus.
5. Phosphatgesteinsressourcen
Phosphatgestein ist ein nicht erneuerbarer, strategisch bedeutender Rohstoff mit ungleicher globaler Verteilung.
Weltweite Reserven (USGS 2023): ca. 74 Milliarden Tonnen
Marokko: 50 Mrd. t (~67,6 % der Weltreserven)
China:
Reserven: 3,8 Mrd. t (~5,1 %) – Platz 2 weltweit
Produktion: 90 Mio. t im Jahr 2023 (~40,9 % der weltweiten Produktion) → rascher Ressourcenverbrauch
Der P₂O₅-Gehalt schwankt weltweit zwischen 5 % und 40 %, der Durchschnitt liegt bei ca. 30 %, einige Lagerstätten erreichen bis zu 39 %.
In China werden über 70 % des geförderten Phosphatgesteins für Düngemittel (MAP, DAP, TSP) verwendet. Der Rest fließt in die Herstellung von gelbem Phosphor und Phosphatsalzen, die u. a. in Futtermitteln, Pestiziden, Waschmitteln, Lebensmitteln, Kosmetika und Batterien Anwendung finden.
6. Branchentrends & Marktausblick
6.1 Handelsstruktur im Wandel
Durch zunehmende Fördermengen in Marokko und Saudi-Arabien wächst der Wettbewerbsdruck auf chinesische Exporteure.
Chinas Exportanteil an Phosphatdüngern wird bis 2030 voraussichtlich von 30 % auf 25 % sinken.
Gleichzeitig steigt der Anteil der Ausfuhren nach Südostasien von 41 % (2023) auf 53 % (2030) – u. a. wegen wachsender Nachfrage in Indien.
6.2 Steigende Nachfrage
Weltweite Nachfrage nach Phosphatdüngern wächst mit durchschnittlich 3,5 % p. a., Marktvolumen bis 2030 > 90 Mrd. USD
Lithium-Eisenphosphat (LFP): Prognose für 2028 > 3 Mio. t, CAGR von 25 %
6.3 Aufwertung der Produkte
Feinchemikalien wie elektronikgeeignete Phosphorsäure und Lebensmittelphosphate wachsen besonders stark.
Für 2025–2030 wird ein durchschnittliches Wachstum von 12,5 % p. a. erwartet, Marktgröße bis 2029: 28 Mrd. USD+
7. Hauptproduktsegmente
7.1 Phosphatdünger
Phosphatdünger sind chemische Produkte zur Versorgung von Pflanzen mit Phosphor. Sie lassen sich einteilen nach:
Nährstoffgehalt: Ein-, Zwei- oder Drei-Komponenten-Dünger (NPK)
Löslichkeit: Wasserlöslich, zitratlöslich, schwerlöslich
Typische Produkte: MAP, DAP, TSP, SSP→ In der Praxis oft MAP + DAP als Mischform
China – Produktionszahlen:
2023: 16,15 Mio. t (+6,1 % ggü. Vj.)
2024: 16,16 Mio. t (geschätzt)
Hochkonzentrierte Dünger = 96,64 % der Gesamtproduktion
MAP: 7,33 Mio. t (45,4 %)
DAP: 6,62 Mio. t (41 %)
NPK: 1,25 Mio. t (7,7 %)
TSP: 0,36 Mio. t (2,2 %)
NP: 0,05 Mio. t (0,3 %)
China ist Weltmarktführer mit rund ⅔ des globalen MAP + DAP Outputs.Dank Angebotsreformen und Umweltinspektionen wurde Überkapazität deutlich reduziert – die Auslastung verbessert sich kontinuierlich.
7.2 Glyphosat
Glyphosat ist ein auf Phosphor basierendes Herbizid und das weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautbekämpfungsmittel. Es wirkt besonders effektiv gegen mehrjährige Unkräuter und wird häufig in Kombination mit gentechnisch modifizierten (GVO), glyphosatresistenten Pflanzen verwendet.
Wirkmechanismus: Hemmt das Enzym EPSPS und unterbricht so den Stickstoffstoffwechsel in Pflanzen
GVO-Pflanzen: Durch gentechnische Veränderung produzieren sie mehr EPSPS und überleben so die Anwendung von Glyphosat
Marktdaten:
2022: Weltweite Produktionskapazität ca. 1,18 Mio. Tonnen
Monsanto (USA): ~370.000 t/Jahr
China: >80 % der weltweiten Exporte
2023 (China): Kapazität: 810.000 t, Produktion: 530.000 t
2024 (geschätzt): Produktion steigt auf 580.000 t
Regionale Marktentwicklung:
Nordamerika: Größter Verbrauchermarkt mit stabil wachsender Nachfrage
Europa: Streng reguliert, aber weiterhin das bevorzugte Herbizid vieler Landwirte
Asien: Rasch wachsende Nachfrage – besonders in China und Indien, getrieben durch landwirtschaftliche Expansion
7.3 Lithium-Eisenphosphat (LFP)
LFP (LiFePO₄) ist ein weit verbreitetes Kathodenmaterial für Lithium-Ionen-Batterien, insbesondere in Bereichen wie Elektrofahrzeuge (EVs) und Energiespeichersysteme.
2023 (China): Batterieliefermenge 887,4 GWh (+34,3 % gegenüber Vorjahr)
2024 (Prognose): 1175 GWh (+32,6 %), Anteil am Weltmarkt: 78,6 %
Mit dem wachsenden Anteil von E-Fahrzeugen steigt die Nachfrage nach LFP exponentiell. Auch Eisenphosphat, das als Vorprodukt für LFP dient, erlebt einen Nachfrageboom.
Branchenakteure:
Phosphatchemische Unternehmen
Titandioxid-Hersteller
Batteriematerial-Hersteller
→ Diese sichern sich über Kooperationen den Zugang zu Phosphatressourcen und bauen vertikale Wertschöpfungsketten auf.
8. Fazit
Die Phosphatchemie befindet sich in einem klaren Aufwärtstrend, getragen von einem stabilen Bedarf in der Landwirtschaft und einem dynamischen Wachstum in neuen Technologiebereichen wie Elektromobilität und Energiespeicherung.
In der Landwirtschaft bleibt Phosphatdünger unverzichtbar. Trotz saisonaler Schwankungen ist die Gesamtnachfrage robust.
Im Energiesektor treibt der globale Durchbruch der LFP-Technologie den Bedarf nach hochreinem Phosphatmaterial stark an.
Auch Lebensmittel- und Industrieanwendungen von Phosphaten gewinnen an Bedeutung – insbesondere hochwertige, funktionale Zusatzstoffe.
🔑 Erfolgsfaktor der Zukunft:
Unternehmen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette agieren – von der Erschließung von Phosphatgestein bis zur Veredelung zu Hochleistungsmaterialien – werden in der Lage sein, sich technologisch, ökonomisch und ökologisch im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu positionieren.
Hinweis: Die oben genannten Informationen dienen nur zu kommerziellen Referenzzwecken aufgrund der Vielfalt der gesammelten Informationen, und Kelewell ist nicht für die Authentizität der Daten verantwortlich.

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